5. Oktober 2020

Freiheit für jeden – liberale Leitlinien für ein integratives und weltoffenes Unterfranken

Migration ist facettenreich und vielfältig – Studium, Flucht oder ein langfristiger
 Aufenthalt sind nur einige der vielen Gründe, die nach Würzburg führen. Dabei hat
 jeder einzelne Mensch andere Ziele und Bedürfnisse, weshalb es niemals einheitliche
 Lösungen für alle, sondern nur vielfältige individuelle Lösungen für Einzelne geben
 kann. Das Integrationskonzept z.B der Stadt Würzburg enthält bereits viele gute
 Punkte, ist jedoch an einigen Stellen nicht umfassend genug. Die FDP Unterfranken
 fordert daher ein liberales Integrationsangebot in ganz Unterfranken nach dem
 Baukastenprinzip, welches bestmöglich den Bedürfnissen jedes Einzelnen gerecht wird
 und den Menschen in den Mittelpunkt des Handelns stellt. Integration ist zum einen
 eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, zum anderen sind wir davon überzeugt,
 dass Vielfalt stets Chancen für alle ermöglicht. Diese Chancen werden uns durch einen
 offenen, interkulturellen, religiösen und weltanschaulichen Dialog gelingen. Wir als
 Bezirk müssen uns offen und tolerant gegenüber Neuem zeigen. Engstirnigkeit schafft
 Barrieren, Abneigung und führt letztlich zu Missgunst und Hass. Wir setzen uns
 hingegen für die individuellen Freiheiten jedes Menschen ein. Dazu gehört es, jeden
 so zu achten und respektieren, wie man es selbst für sich in Anspruch nimmt. Klar ist
 aber auch: Wer unsere freiheitlichen Grundwerte nicht respektiert, kann in unserer
 Gesellschaft keinen festen Platz haben. Damit uns dieses respektvolle Miteinander
 gelingen kann, bedarf es vielfältiger Akteure, die bestmöglich zusammenarbeiten.
 Neben den übergeordneten Ebenen nehmen die Stadt, unsere Vereine und unsere
 Unternehmen bedeutsame und wichtige Aufgaben ein. Aufgabe der Stadt muss es sein,
 beste Rahmenbedingungen für ein gutes, gemeinsames und weltoffenes Zusammenleben zu
 schaffen. Nur wenn alle örtlichen Akteure klug und fortschrittlich zusammenarbeiten
 kann Integration erfolgreich sein.

 Sprach- und Integrationskurse als Grundvoraussetzung

 Für das gegenseitige Verstehen ist eine gemeinsame Sprache unabdingbar und
 Grundvoraussetzung für jede gelungene Integration. Daher sind Integrations- und
 Deutschsprachkurse unersetzlich. Wir setzen auf ein vielfältiges und flexibles
 Kursangebot, dass zielgruppengerecht einen praxisrelevanten Spracherwerb ermöglicht.

 Daher fordern wir:

  •  Abend- und Wochenendkurse für berufstätige Migranten.
  •  Kursformate die sowohl mit als auch ohne gemeinsame Kommunikationssprache
     stattfinden.
  •  Zusätzliche Kurse für Flüchtlinge ohne oder mit schlechter Bleibeperspektive
     nach Vorbild des BAMF-lntegrationskurses.
  •  Ein Seminar für Toleranz und Umgangsformen, damit der Einstieg in das
     gesellschaftliche Leben erleichtert wird.
  •  Weitere niederschwellige Angebote, wie Sprachcafes und andere lockere
     Dialogangebote.

 Für Personen, deren Aufenthalt nur temporär ist {zum Beispiel Austauschforscher und
 sog. Delegates), ist ein Spracherwerb nicht immer sinnvoll. Daher sollten alle
 relevanten städtischen Informationen und Formulare zumindest auch auf Englisch
 verfügbar sein.

 Für ein soziales Miteinander

 Zur Integration gehören stets auch private Kontakte, Zusammenkünfte und ein
 integratives soziales Umfeld. Dabei nehmen die vielfältigen Vereine in Unterfranken
 eine herausragende Stellung in der integrativen Arbeit ein. Dieser Leistung gebührt
 unser Dank.

 Damit ein soziales Miteinander gesamtgesellschaftlich weiterhin möglich ist, muss
 Unterfranken folgendes beachten:

  •  Vereinen der migrantischen Selbstorganisation ist gezielt bei der
     Vereinsgründung, der Raumsuche und anderen organisatorischen Fragen zu helfen,
     damit diese die besonderen integrativen Herausforderungen meistern können.
  •  Auch in Zukunft muss gewährleistet sein, dass Vereine bei ihrer Tätigkeit
     ausreichend Freiräume haben und die Stadt vorwiegend beratend tätig wird.
  •  Pflege- und Gastfamilien, welche zur Aufnahme unbegleiteter minderjähriger
     Flüchtlinge bereit sind, sind bei ihrer Aufgabe zu unterstützen und zu fördern.
     Dies stellt die beste Möglichkeit dar, um jungen Flüchtlingen unsere Werte- und
     Freiheitsordnung nahezubringen.
  •  Bei der Stadtplanung muss Integration berücksichtigt werden. Wir wollen
     niemanden ausgrenzen, sondern Menschen zusammenführen. Offene Planung schafft
     Akzeptanz und ein Gemeinschaftsgefühl, womit einer räumlichen Abgrenzung,
     Abschottung und der Bildung von Parallelgesellschaften vorgebeugt werden kann.

 Aufklärung über Rechte und Pflichten

 Auch wenn Sprache und soziales Miteinander die größten gesellschaftlichen
 Herausforderungen sind, muss sich jedermann auch in einem neuen und komplizierten
 Rechtssystem zurechtfinden. Das gilt weit über das Aufenthaltsrecht hinaus. Wir
 halten es für unabdingbar, jeden Einzelnen auch über ihre neuen Rechte und Pflichten
 aufzuklären.

 Wir fordern daher die Erweiterung der bereits bestehenden Angebote in Unterfranken
 um:

  •  Ein rechtliches „Onboarding" für ausländische Arbeitskräfte, bei welchen Themen
     wie Arbeitsrecht, Sozialversicherungssystem, Versicherungen und Mietrecht
     behandelt werden.
  •  Beratungs- und Informationsmöglichkeiten zum Aufenthaltsrecht, das über die
     Bleibemöglichkeiten und die Möglichkeiten des Familiennachzugs informiert.

 Darüber hinaus gilt für die FDP Unterfranken aber auch: Geltendes Recht muss
 angewandt werden. Personen ohne Bleiberecht müssen konsequent und zeitnah abgeschoben
 werden.

 Chancen durch Bildung schaffen

 Das Bildungskonzept der Stadt Würzburg weist einige sehr gute Ansätze auf, wie zum
 Beispiel die Unterstützung von Kindern ohne ausreichende Deutschkenntnisse.

 Darüber hinaus fordern wir:

  •  Die Bereitstellung von Informationsmaterial und die Organisation von
     Vorträgen/Seminaren zur Vorstellung des deutschen Bildungssystems, inklusive der
     Möglichkeiten zum Erwerb von Abschlüssen über den zweiten und dritten
     Bildungsweg.
  •  Den Ausbau des Angebots von englischsprachiger Kleinkindbetreuung für temporäre
     ausländische Arbeitskräfte.
  •  Dezidierte Angebote zur Bildung von Frauen, insb. aus stark patriarchalen
     Gesellschaften.
  •  Die Schaffung von branchenorientierten Ausbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen
     zum besseren Berufseinstieg.

 Darüber hinaus würde die FDP Unterfranken eine Initiative zur Einrichtung einer internationalen Schule für die Region Mainfranken mit Sitz in Würzburg begrüßen.

 Arbeit als Integrationsmotor

 Arbeit ist zugleich Integrationsmotor und -treiber. Würzburg ist durch starke
 Unternehmen attraktiv für ausländische Fachkräfte. Die Stadt muss hierbei auf alle
 Herausforderungen der Zukunft vorbereitet sein und ein noch besserer Partner der
 Unternehmen werden.

 Deshalb fordern wir:

  •  Lokale Unternehmen bei der internationalen Fachkräftegewinnung zu unterstützen.
  •  Die Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen stärker in den Mittelpunkt zu
     rücken.
  •  Nachgezogene Partner bei der Jobsuche besser zu unterstützen.
  •  Einen Start in die Selbstständigkeit keine Steine in den Weg zu legen.
  •  Die Zusammenarbeit mit Unternehmen, Vereinen und sonstigen Organisationen in
     Unterfranken zu intensivieren. Arbeitsangebote, Praktika und soziale Tätigkeiten
     sind das beste Integrationsmittel.

 Städtische Betriebe müssen in allen Integrationsfragen eine Vorreiterrolle einnehmen
 und ihrer Vorbildfunktion gerecht werden.

 Gesundheit gewährleisten

 Körperliche und geistige Gesundheit sind Grundvoraussetzung für ein selbstbestimmtes
 Leben für jeden, der sich in Deutschland aufhält. Zu einer gesundheitlichen
 Grundversorgung als wichtige städtische und staatliche Aufgabe ist stets für jeden
 Zugang zu gewähren.

 Bei der Erfüllung dieser Aufgabe soll Unterfranken wie folgt mitwirken:

  •  Es bedarf einer frühzeitigen Aufklärung über unser Gesundheitssystem. So können
     zum Beispiel eventuell fehlende Untersuchungen oder mögliche Impfungen zeitnah
     nachgeholt werden.
  •  Die Arbeit des Psychosozialen Arbeitskreises Trauma (PAKT) zur Behandlung
     traumatisierter Flüchtlinge soll unbedingt fortgeführt werden. Flüchtlinge
     dürfen mit den Ereignissen, die sie auf ihrem Weg nach Deutschland erlebt haben,
     nicht allein gelassen werden.